Aktuelles Statement zur Eröffnung der Wohnunterkunft für Geflüchtete am Stadtsee in Eberswaldeund kruden Remigrationsphantasien von Roman Kuffert (AfD) um Wohnraum zu schaffen.

https://unteilbar-eberswalde.de

Wir sind ein Zusammenschluss von Eberswalder Bürgerinnen und Bürgern, die sich aktiv in der Zivilgesellschaft
engagieren und sich als Teil dieser verstehen. Dazu gehören das Netzwerk unteilbar Eberswalde und inzwischen
immer mehr Menschen in der Stadt Eberswalde, welche sich für eine soziales Miteinander interessieren und sich
gegen Fremdenfeindlichkeit engagieren.
Wir informieren und organisieren uns gemeinsam mit mittlerweile fast 90 Einzelpersonen und/oder losen
Gruppen, um der Stadt ein weiterhin offenes und solidarisches Gesicht zu geben. Regelmäßig treffen wir uns in
Demokratiecafe ́s an unterschiedlichen Orten der Stadt und sprechen über Dinge, die uns bewegen, die wir
ändern oder bewahren möchten. Daran beteiligen sich interessierte Bürgerinnen und Bürger, ebenso wie
Menschen aus der Kommunalpolitik wie auch Kulturakteurinnen, Alt und Jung, neu zugezogen und alt eingesessen. Wir stellen uns auch gegen die „Remigrationsphantasien“ von Roman Kuffert und der AfD. Diese würden eine Deportation vieler Millionen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ausländischen Wurzeln bedeuten. Uns ist bewusst, dass genau diese Menschen mittlerweile ein sehr wertvoller und unverzichtbarer Teil unserer Gesellschaft geworden sind. Mit Sorge nehmen wir wahr, dass auch schon direkt in Eberswalde wichtige mindestens aber markante Einrichtungen schließen müssen, weil Fachkräfte fehlen oder weggetrieben werden. Ausweisungen von Personen mit ausländischen Wurzeln werden diese Problematik noch verstärken. Mitmenschlich ist diese mehr als nur gefährliche Denkweise absolut verwerflich und wird von uns mit absoluter Deutlichkeit zurückgewiesen! Erst kürzlich schloss die Westend-Apotheke in Eberswalde, weil der dortige gebürtige syrische Apotheker, der über Jahre von einem engagierten Eberswalder Unternehmer befähigt und unterstützt wurde, dieses Haus zu leiten, aufgrund behördlicher Schikanen und wenig Lösungsorientierung der Barnimer Ausländerbehörde samt seiner Familie den Barnim in Richtung alte Bundesländer verlassen hat. Das er dort mit Lösungen und nicht mit Abwehr aufgenommen wurde. Sein offizieller Einbürgerungsprozess hat dort zügig begonnen. Woanders geht das also… Auch die Alte Brauerei schließt zum Ende des Jahres aufgrund des Mangels an ausgebildetem gastronomischem Personal. Das trifft Eberswalde mitten ins gastronomische Herz. Ist es das, was derartige Forderungen bewirken sollen? Wann wachen endlich alle auf und erkennen den gesellschaftlichen und auch wirtschaftlichen Wert von Migration und Zuwanderung!? Wann wird sich auch die neue Kinderärztin mit Migrationsgeschichte in Eberswalde die Frage stellen, wie lange Sie in diesem Land noch sicher und zufrieden leben kann? Wer behandelt dann die Vielzahl ihrer kleinen Patientinnen? Welche weiteren Kinderärztinnen hier oder in der Umgebung sind noch in der Lage, so vielen Kinder aufzufangen? Allein im Gesundheitsbereich arbeiten deutschlandweit mittlerweile ca. 20% Menschen mit Migrationsgeschichte. Sie helfen und pflegen uns und unsere Lieben. Im Bereich des ÖPNV, des Transportwesens, der Lieferdienste sind es mit fast 25% noch mehr – also hier geht es um Bus-, Bahn- und Straßenbahnfahrerinnen, Zustellerinnen, Kraftfahrerinnen, die unsere Kinder zur Schule, unsere Pakete vor
die Haustür und unsere Lebensmittel in den Supermarkt bringen? Mit fast 40% vertreten Sie den Bereich der
Lebensmittelherstellung und -verarbeitung und den Bereich der Reinigung. Im Reinigungsbereich sorgen Sie
dafür, dass Krankenhäuser von resistenten Keimen geschützt und Küchen, Flure, öffentliche Bereich, Büros
überhaupt nutzbar sind und bleiben.1
Zwischenzeitlich suchen alle Bereiche immer stärker nach Mitarbeiter*innen. Um diese große Volkswirtschaft –
die drittgrößte der Welt – überhaupt am Laufen zu halten, formuliert sogar die Bundesagentur für Arbeit einen

benötigte Zuwanderung von 400.000 Menschen pro Jahr in den Arbeitsmarkt. So lässt sich der aufgrund der
gravierenden Folgen des demografischen Wandel der Vorstandvorsitzende des BA folgendermaßen schon 2021
zitieren:
Detlef Scheele, Vorstandsvorsitzender der Bundesagentur für Arbeit:
„Fakt ist: Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus […] Von der Pflege über Klimatechniker bis zu Logistikern und
Akademikerinnen: Es werden überall Fachkräfte fehlen […] Wir brauchen 400.000 Zuwanderer pro Jahr. Also
deutlich mehr als in den vergangenen Jahren.“ 2
Gute Nachrichten: Von den Menschen, die allein seit 2015/2016 zu uns gekommen sind, arbeiten 86% der
Männer in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen, zahlen sowohl Steuern als auch Sozialabgaben3
.
Und wir verschweigen nicht, dass zu wenige Frauen mit Migrationsgeschichte oder Fluchthintergrund bisher die
Chance erhielten, beruflich Fuß zu fassen. Integration in den Arbeitsmarkt funktioniert nur, wenn Vertrauen und
überhaupt Platz in Kinderbetreuungen, Sprachkursen und den Wohnungsmarkt bestehen.

Und das geht allen Eberswalder*innen so, unabhängig der Herkunft oder der spezifischen Lebenssituation. Care-
Arbeit ist in Deutschland und anderen Ländern immer noch zu einem großen Anteil die Aufgabe der Frauen. Das

ist tatsächlich eine unrühmliche Gemeinsamkeit und unbequeme Wahrheit.
Wir wünschen uns und erkennen dringend den Bedarf, dass insbesondere auch in der Bildung, der öffentlichen
Verwaltung, der Polizei und Sicherheitsbehörden, der Jugendhilfe und Sozialarbeit etc. viel mehr Migration
sichtbar wird. Überall muss ein realistisches Bild der Gesellschaft nicht nur in den Geschlechtern, sondern auch in
der kulturellen Vielfalt abgebildet sein. Denn dort, wo das klappt, sieht man, dass die Angst vor Menschen
anderer Kulturen und Rassismus überwunden wurde.
Worum geht es uns, wenn Investitionen in den einen Bereich gegen einen anderen Bereich ausgespielt werden
sollen?
Wir erkennen an, dass die öffentlichen Ausgaben und Aufträge über die Investition unserer aller Steuergelder da
landen, wo es die Gesellschaft aktuell auch dringend benötigt. Der Landkreis Barnim beispielsweise investiert
Millionen aktuell in die Schaffung neuer Schulstandorte. Dazu gehören beispielhaft Ausbaumaßnahmen in der
Märkischen Schule im Brandenburgischen Viertel, der Robinsonschule in Bernau und der baldige neue
Schulcampus an der Eberswalder Straße, der den aktuellen Ersatzcontainerbau der Oberschule Eberswalde in
Finow um einen kompletten Campus erweitern soll.
Die Stadt Eberswalde selbst investierte vor kurzem in den Bau eines neuen Hortgebäudes im Brandenburgischen
Viertel, ebenso in die noch nicht abgeschlossenen Baumaßnahmen im Hort Coole Füchse.
Darüber hinaus wird sehr viel Geld in die Infrastruktur investiert, siehe z. B. die Baumaßnahmen an den
Schleusen des Finowkanals und die Eröffnung des neuen Schiffshebewerkes in Niederfinow. Das sind wichtige
Investitionen in den Ausbau der touristischen als auch wirtschaftlichen Infrastruktur.
Die Aufnahme von geflüchteten Menschen ist eine Pflichtaufgabe aller Landkreises. Die Schaffung von
geeigneten Aufnahmekapazitäten ist eine direkte Investition in die Zukunft. Die Investition wird nachhaltig
getätigt. Eine Investition in das Haus am Stadtsee und das Aufstellen von den Timpla-Modulen zeugt davon. Die
Module können, sollten sie eines Tages nicht mehr benötigt werden, jederzeit an anderen Orten der Stadt neuen
Zwecken zugeführt werden.
Derzeit sinken die Zahlen der aufzunehmenden Personen stark und geben der behördlichen und
gesellschaftlichen Integrationsaufgabe nun mehr Zeit und Kraft zu wirken, was es dringend braucht. Die
finanziellen Zuschüsse an die Kommunen für die Schaffung von pflichtigen Aufnahmekapazitäten sinken mit

Jahresbeginn erheblich. Daher ist es nur gut, dass noch dieses Jahr zügig Kapazitäten geschaffen werden. Denn
die Aufgabe bleibt auch im nächsten Jahr unverändert bestehen
Das dort und in alle anderen Baumaßnahmen investierte Geld fließt direkt in unsere regionale oft sogar lokale
zumeist handwerkliche Wirtschaft. Die Region und die regionale Wirtschaft profitiert davon über das Maß.
Von eben dieser Wirtschaft wünschen wir uns, dass sie noch mehr und intensiver Menschen mit
Migrationsgeschichte die Chance gibt, beruflich in der Region Fuß zu fassen. An ganz konkreten Beispielen ist zu
sehen, wie hervorragend das gelingt. Wir wissen aber auch welche enorme Kraft es Unternehmerinnen abverlangt, einen derartigen Prozess bei Arbeitserlaubnissen und Ausbildungsduldungen mit der Barnimer Ausländerbehörde durchzustehen. Das muss eindeutig besser werden. Dazu formiert sich derzeit Netzwerk von Unternehmerinnen des Landkreises, um das konkret in Angriff zu
nehmen. Das sind für uns wirklich gute Zeichen und Entwicklungen in die richtige Richtung.
Und zum Wohnungsmarkt.
Auch die Stadt Eberswalde darf selbst noch gern etwas aktiver werden, wenn es beispielsweise um die
Inanspruchnahme von Bundesförderungen, wie dem Projekt Junges Wohnen4 geht, um Wohnraum insbesondere
für nicht so zahlungskräftige junge Menschen zu schaffen. Jegliches Gepoltere gegen Menschen in Not ist
rückwärtsgewandt und trägt nicht zu einer zeitgemäßen Entwicklung und Unterstützung unserer Gesellschaft bei.
Wir wissen, dass noch Einiges zu tun ist, stehen für Lösungen und brauchen keine rassistischen Unkenrufe gegen
die, die Hilfe benötigen oder bereits schon längst fest zu uns gehören.
Davon abgesehen, dass die Forderung der AfD nicht verfassungskonform ist, würde eine Deportation von diesen
vielfach langjährig hier lebenden und gut integrierten Menschen unseren Fachkräftemangel massiv verschärfen,
wo schon Zahl der Erwerbsfähigen Menschen allein aufgrund der Demografie von 49,8 Mio. in 2015 auf 45,9
Mio. in 2030 sinken wird5.
Die Wirtschaft würde schwer belastet und unsere vielfältige Gesellschaft sehr viel ärmer aussehen. Anstelle von
populistischer und rassistischer Volksverhetzung fordern wir vermehrte Anstrengungen zur schnellen Integration
unserer Mitbürger*innen mit ausländischen Wurzeln.
Wir stehen für ein offenes und tolerantes Eberswalde. In unserer Stadt sollen sich alle Menschen gleichermaßen
wohlfühlen. Wir lassen nicht zu, dass Hass und Hetze unsere Gesellschaft weiter vergiften! Deshalb engagieren
wir uns für ein gutes gesellschaftliches Miteinander, für gegenseitige Unterstützung und Wertschätzung.

Das Netzwerk unteilbar Eberswalde.
Oktober 2024

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